Unser ist das Meer – Kapitel 19

Brabak war eine riesige Stadt, einschüchternd und voller Halsabschneider, doch nirgendwo konnte man Plündergut so einfach los werden wie hier. Faenwulf gebot seinen Leuten vorsichtig zu sein. Die meisten hatten vorher ihre Heimatstadt nie verlassen und vieles hier war neu für sie. Doch sie waren auch neugierig und die meisten verließen das Schiff und machten sich auf den Weg zu den Tavernen und Hurenhäusern. Faenwulf blieb alleine zurück und begann mit den Händlern zu sprechen. Die meisten hier hatten Erfahrung mit thorwalschem Plündergut und versuchten die Preise zu drücken, doch Faenwulf hatte ebenfalls schon etliche Male verhandelt und ließ sich nicht übers Ohr hauen. Niemand hier wollte zu viel bezahlen, und niemand wollte sich unter Preis verkaufen. Eine Einigung war jedoch immer möglich.

So ließ der glückliche neue Besitzer von Faenwulfs Waren diese abtransportieren und Faenwulf ließ zwei große Beutel voller Münzen in seinen Gürteltaschen verschwinden. Er war auf der Hut, Beutelschneider gab es hier wie Sand am Meer, doch ihre Ziele waren eher die Betrunken, die aus den Tavernen torkelten und kein thorwalscher Kapitän, der sie zur Unkenntlichkeit prügeln konnte.

Die Vegahögg blieb im Hafen zurück und Faenwulf machte sich auf den Weg zu der Taverne aus der der größte Lärm drang. Und tatsächlich traf er hier die meisten seiner Mannschaft an. Einige hatten das Ahl ignoriert und waren direkt zu Schnaps und Premer Feuer übergegangen. Blotgrimm leerte einen Krug Ahl nach dem anderen und kühlte seine rechte Gesichtshälfte mit einem dicken Stück Fleisch. Er hatte ordentlich was abbekommen bei seiner Swafskari, doch wie immer war er guter Stimmung. Offensichtlich hatte er Matatoa schon in sein Herz geschlossen und dieser schien Blotgrimm ebenso zu mögen. Das Ahl zeigte schon Wirkung bei dem schmächtigen Moha und Blotgrimm bestellte ihm einen Eintopf damit er nicht sofort von der Bank kippte.

Bryda nahm einen großen Schluck aus ihrem Krug und stimmte ein Lied an. Ein Lied über das Meer und die Freiheit und alle stimmten ein. Faenwulf sang jede zweite Zeile mit und bedankte sich herzlich als der Wirt ihm ein unbestelltes Premer Feuer hinstellte. Matatoa kam torkelnd zu ihm herüber und nahm neben ihm Platz.

„Ich muss dir danken“, begann er und Faenwulf bemerkte schmunzelnd das Lallen in seiner Stimme. „Ihr habt mich gerettet und ich muss euch danken.“ Er strahlte Faenwulf. „Du und deine Männer und Frauen seid gute Leute. Ihr verdient meinen Dank.“ Faenwulf wollte gerade abwinken, als Matatoa ihn mit einer Geste zum Schweigen brachte. „Du sprichst jetzt nicht“, fuhr er fort. „Ich weiß du und deine Leute sucht immer nach Münzen. Eure Familien warten auf euch. Ich weiß wo viele Münzen sind, aber ihr müsst stark und tapfer sein, um sie zu holen.“ Faenwulf blickte den Moha überrascht an. „Ein Schatz?“, fragte er leise und Matatoa nickte. „Auf einer Insel. Er wurde dort versteckt, doch nie mehr geholt und jetzt beschützt ihn etwas, damit das auch so bleibt. Doch ihr könnt ihn holen wenn ihr stark und tapfer seid.“

Faenwulf dachte nach. War es eine gute Idee zu den Waldinseln zu segeln? Doch warum sollten sie es nicht tun? Natürlich bestand immer noch die Möglichkeit, dass dieser Schatz nicht existierte oder nichts wert war, doch das mussten sie erst heraus finden. Sie wollten doch ins Abenteuer segeln und jetzt tat sich eine Gelegenheit auf. Vielleicht war dies ihre Belohnung dafür, dass sie nicht nur Leben genommen, sondern auch gerettet hatten. Es war eine Gelegenheit, die sie ergreifen mussten.

„Dann zeig uns den Weg“, grinste Faenwulf und Matatoa grinste zurück. Der Moha schien so glücklich und erleichtert bei den Thorwalern zu sein. Die Götter hatten manchmal einen seltsamen Humor.

Es war abgesprochen, dass sie sich am morgigen Tag wieder an der Vegahögg treffen würden. Was sie alle den Rest des Abends und der Nacht trieben war ihre eigene Sache. Einige waren sofort verschwunden nachdem sie Brabak erreicht hatten, andere schienen in der Taverne übernachten zu wollen. Faenwulf überlegte, ob er ebenfalls eins der Freudenhäuser aufsuchen sollte, doch nachdem er sich ein ordentliches Stück Fleisch gegönnt hatte, war ihm mehr der Sinn nach Ahl und Mjöt.

Die Stimmung in der Taverne war ausgelassen und laut. Einige sangen, andere unterhielten sich mit anderen Reisenden und Blotgrimm lachte laut, eine hübsche Frau auf jedem seiner Knie. Karva war nirgends zu sehen, doch Faenwulf war sicher, dass sie ihren eigenen Geschäften nachging.

Er spürte wie seine Zunge schwer wurde und sein Geist benebelt von dem Bier und dem Schnaps, den Blotgrimm bestellte, sobald der Krug leer war. Faenwulf mahnte sich vernünftig zu sein. Er war der Kapitän des Schiffs. Wenn er mit Katzenjammer und halb betrunken eine Mannschaft anführte, würden sie nie bei den Waldinseln ankommen. Also raffte er sich auf, zahlte beim Wirt für ein Zimmer und machte sich auf den Weg nach oben. Der Kampf heute war hart gewesen und er fühlte sich etwas zerschlagen. Ein gemütliches Strohlager war genau das was er brauchte. Auch wenn seine trockene Kehle sich nach mehr Ahl und Gesang sehnte.

Als er das Ende der Treppe erreicht hatte, hörte er schnelle Schritte hinter sich. Zu seiner Überraschung war es Bryda, die ihm mit vielsagendem Lächeln gefolgt war. Auch sie hatte dem Ahl gefrönt und blickte Faenwulf erwartungsvoll an. „Ich dachte mir, dass man eine Nacht nach so einem Sieg nicht alleine verbringen sollte“, sagte sie mit zuckersüßer Stimme. Faenwulf zögerte kurz und seine Gedanken glitten zu seiner Überraschung sofort zu Karva, der es sicher gar nicht gefallen würde, was sich hier anbahnte. Doch Karva war nicht hier und Bryda war jung und schön. Faenwulf deutete ihr, ihm zu folgen.

Noch bevor er die Tür zu seinem Zimmer abgeschlossen hatte, begann Bryda sich zu entkleiden. Ihr Körper war gestählt und zeigte noch nicht viele Hautbilder. Ihr dunkles Haar war lang und sie trug es offen, so dass es über ihren Rücken und ihre Schultern fiel. So ohne Krötenhaut, Streifenhose und Stiefel sah sie nicht wie eine Kriegerin aus. Sie hätte genauso gut eine Bauerntochter sein können, nach der sich die jungen Männer ihm Dorf verzehrten.

Faenwulf legte Krötenhaut und Tunika ab und er konnte das Verlangen in Brydas Augen sehen. Er war mindestens fünfzehn Winter älter als sie, doch das schien sie nicht zu stören. Nackt wie sie war schritt sie zu Faenwulf herüber und ließ ihre Hände über seine vernarbte Brust gleiten. Sie betrachtete die Hautbilder, die ihr vorher verborgen geblieben waren, während ihre Hände nun hektisch an der Kordel seiner Hose spielten. „Du hast es wirklich eilig“, bemerkte Faenwulf amüsiert und zog die junge Frau an sich. Sie tauschten zögernd einen Kuss, dann legte Bryda sich auf das Strohlager, Faenwulf mit sich ziehend. Faenwulf entledigte sich des Rests seiner Kleidung. Er war froh, dass der Lärm in der Taverne noch bis tief in die Nacht reichte.

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